Dem Esel die Angst vor dem Regenschirm nehmen
In einem pädagogischen Projekt werden Kinder zu „Mini-Tierpflegern“ ausgebildet
Mathilde bewegt sich keinen Zentimeter vorwärts. Die Esel-Dame will sich von Elisha einfach nicht führen lassen. Vor den beiden stehen zehn Kinder mit Regenschirm und farbigen Ballons in den Händen – sie bilden eine Gasse. „Mathilde hat Angst, sie kennt die vielen bunten Gegenstände nicht und deshalb bleibt sie stehen“, sagt Holger Peters. Esel seinen nämlich gar nicht störrisch, wie oft behauptet wird. „Die Tiere scheuen nur vor Unbekanntem zurück“, erklärt der Förderschullehrer. Auf dem Gelände von „Rolf's Streichelzoo“ am Tulpenweg bildet der 45-jährige, 13 Kinder im Alter zwischen sieben und zwölf Jahren zum „Mini-Tierpfleger“aus.
Der Kursus ist Teil seines pädagogischen Angebotes Tierzeit, das er seit gut einem Jahr im Streichelzoo bereithält. Dafür hat Peters sich extra zu einer Fachkraft für Tiergestützte Pädagogikausbilden lassen.
Die Arbeit mit den Tieren baut Ängste ab und stärkt das Selbstbewusstsein. „Ein Zweitklässler, der einen Esel führt, wächst sichtlich“, hat Peters bei seiner Arbeit mit Kindern und Tieren beobachtet.
Zu seiner Angebotspalette, die auch integrative Kurse für Kinder mit und ohne Behinderung umfasst, zählen unter anderem Wanderungen mit Eseln, Tierbesuche in Schulen und Kindergärten und eben der Crashkurs zum Tierpfleger. In dem zweitägigen Workshop lernen die Kinder unter anderem, wie man einen Stall ausmistet, wie die verschiedenen Tiere im Streichelzoo leben und eben auch, wie man einen Esel führt.
Für die neunjährige Elisha hieß das, zu überlegen, wie sie Mathilde die Angst vor den Regenschirmen und Ballons nehmen konnte. Die Lösung war dann Pünktchen. Das kleine Pony fürchtet sich nämlich gar nicht vor den bunten Gegenständen. In seinem Windschatten trottete auch die Eselin durch das Spalier der Kinder. Die Neuntklässlerin hatte Mathilde gleich ins Herz geschlossen: „Sie ist am Anfang sofort auf mich zugestürmt, das fand ich total süß.“
Sogar die lästigen Pflichten eines Tierpflegers machen der Schülerin Spaß: „Den Stall ausmisten, ist auch cool.“ Ein Problem mit den Reinigungsarbeiten in den Tiergehegen hat auch Joel nicht. Der Neunjährige absolvierte den Tierpfleger-Kurs bei Holger Peters bereits zum zweiten Mal – inklusive Stallausmisten. Besonders gefreut hat den Drittklässler allerdings das Wiedersehen mit der Eselin Gina. „Ich glaube, sie hat mich wirklich wiedererkannt“, schwärmt der Schüler.
Die Reaktionen der Kinder bestätigen Peters in seiner Arbeit. Dabei baut er vor allem auf die vierbeinigen Langohren. "Ich bin fasziniert von Eseln. Die Tiere eignen sich sehr gut für die pädagogische Arbeit, da sie neugierig auf den Menschen sind." Zudem sind Esel keine Fluchttiere wie etwa Pferde. Die bleiben dann nicht wie Mathilde stehen, wenn sie Angst bekommen, sondern nehmen Reißaus.
Der zweitägige Kursus „Mini-Tierpfleger“ kostet inklusive Mittagessen und Getränke 80 EUR pro Kind, und ein Erlebnistag mit Esel kann für 35 EUR gebucht werden. Weiter Angebote finden sich auf der Homepage von Holger Peters.
Alexander Figge
Kölner Stadtanzeiger
Ausgabe vom 29.03.2016